Endoprothetik

Was ist das eigentlich:

Endoprothetik

= künstliches Gelenk

= Gelenkersatz

Total-/Teil-Prothese

Endoprothetik stammt aus Endo = Innen, innerlich und Prothetik = Prothese, Ersatz, also Innerer Gelenksersatz, im Gegensatz zur Exoprothetik, meist allgemein als Prothetik bezeichnet, womit äusserer Ersatz von Körperteilen gemeint ist.

Im am häufigsten durchgeführten Gelenkersatz, dem Ersatz von Hüft und Kniegelenken existieren weltweit unzählige verschiedene Arten von Gelenksprothesen. Es dürften in der westlichen Welt jeweils ca 100-200 unterschiedliche Prothesentypen existieren. Im Hüftbereich resultiert durch die Möglichkeit Gelenkspfannen mit Gelenksschäften zu kombinieren eine noch weiter erhöhte Zahl möglicher Kombinationen.

Allerdings werden Länder und  innerhalb der Länder  Lehrschulen spezifische Kombinationen und Gelenkstypen bevorzugt, ganz einfach weil die entsprechenden Ausbildungsstellen für orthopädische Chirurgen sehr begrenzt und gesucht sind und letztendlich nur einige wenige grosse Kliniken die orthopädischen Chirurgen des ganzen Landes ausbilden.

Dadurch wird die Zahl der verwendeten Kombinationen/Prothesentypen dann doch deutlich reduziert.

Von Teilprothesen spricht man, wenn zum Beispiel beim Kniegelenk nur die eine Hälfte (Innerer oder äusserer Teil des Gelenkes) ersetzt wird, oder aber auch beim Hüftgelenk, wenn bei einem Schenkelhalsbruch nur der zerstörte Hüftschaft durch eine spezielle Prothese ersetzt wird, welche noch mit der eigenen Hüftpfanne artikuliert (was aber oft aus orthopädischer Sicht nicht zu empfehlen ist, weil die eigene Pfanne dadurch rascher abgenutzt werden kann und dann eine Zweitoperation bevorsteht, also es unter Umständen besser ist im Hüft wie Kniebereich direkt auf eine Totalprothese zu gehen. Beim Kniegelenk oft weil die Resultate bei einem Wechsel einer Teilprothese zu einer totalen Knieprothese schlechter sind als bei der direkten Implantation einer totalen Knieprothese.

Viel wichtiger als welcher genaue Prothesentyp verwendet wird ist,

● dass eine Prothese oder Prothesenkombination verwendet wird, mit welcher weltweit bereits über Jahren gute Erfahrungen gemacht wurden, wobei der beste Parameter der Qualität einer Prothese die 10 Jahresüberlebensrate des Implantats ist, wobei man vergleicht wieviel Prozent der implantierten Prothesen nach 10 Jahren noch in situ sind (also im Patient, d.h. nicht ausgewechselt worden sind). Im Hüft und Kniebereich werden heute 10 Jahresüberlebensraten der Prothesen von ca 95–100% erreicht.

● dass der Operateur das verwendete Modell gut kennt und sich auch Assistenzen aussucht, die ebenfalls mit der Materie bekannt sind.

● der Unterschied zementiert / nicht zementiert. Bei einer zementierten Prothese erfolgt die Verbindung Prothese zum Knochen durch Knochenzement (eine Kunstoffverbindung, oft noch antibiotikahaltig), während bei einer zementfreien Prothese eine direkte Verbindung der Prothese zum Knochen besteht. Bei einer zementfreien Prothese ist deshalb auch die Oberfläche der Prothese speziell verarbeitet, damit ein Wachstum des Knochens, also der Knochenzellen an die Prothese erfolgen kann, oft ist die Oberfläche der Prothese deshalb dafür aufgerauht oder leicht porös beschichtet (porous coated).

 

Während bei einer zementierten Prothese es weniger eine Rolle spielt ob der Patient in den ersten 12postoperativen Wochen die Prothese noch nicht voll belastet, ist es bei den zementfreien Prothesen wichtig, genügend lange zu entlasten respektive später nur teilzubelasten, damit der Körper die Chance erhält, dass der Knochen direkt an die Oberfläche der Prothese anwächst. In der Regel wird die volle Belastung bei zementfreien Hüft und Kniegelenken nach etwa 12 Wochen erreicht, wobei die Belastung bei gutem Verlauf innerhalb dieser 12 Wochen allmählich gesteigert werden kann. Momentan teilweise empfohlene kürzere Entlastungszeiten können keinesfalls vorbehaltlos empfohlen werden – weil wissenschaftlich keinerlei Daten vorliegen welche beweisen, dass bei früherer Vollbelastung die späteren Resultate gleichgut sind wie zur Zeit und damit ein zu frühes Belasten ein Risiko darstellt eventuell früher als normal Prothesenlockerungen zu erhalten.

Aus moderner Sicht sollte nach Möglichkeit bei der Erstimplantation eines künstlichen Gelenkes wenn immer möglich ein zementfreies Modell gewählt werden, nicht zuletzt auch weil dann ein allfälliger erster Prothesenwechsel deutlich einfacher und weniger belastend wird, als beim notwendigen Wechsel einer zementierten Prothese. Zudem hat man bei schwierigen Verhältnissen beim ersten Wechsel dann immer noch die Möglichkeit bei schlechten Knochenverhätnissen auf ein zementiertes Modell umzusteigen.

Generell ist es auch möglich eine zementierte Prothese zu wechseln, die Operation ist aber häufig aufwendiger, länger und komplikationsreicher, weil oft nur mühsam und operativ sehr aufwendig der Restzement entfernt werden muss bevor eine Wechselprothese eingebracht werden kann.

Hier besteht allerdings ein gewisser Unterschied von Hüft- zu Knieprothesen; während bei einem zementierten Hüftschaft der Zement direkt in den Röhrenknochen eingebracht und später oft nur sehr schwierig aus dieser Röhre herausgebracht werden kann , wird bei einer zementierten Knieprothese der Zement nur an die Oberfläche der Prothese gebracht und macht hier eine flächenartige Verbindungsbrücke Knochen-Zement- Prothese, was bedeutet das bei einer zementierten Knieprothese eine allfällige Wechseloperation diesbezüglich einfacher zu bewerkstelligen ist als bei einem Hüftschaft.

- die sog. Tribologie, also die Wissenschaft von den verwendeten Materialien für die Prothese. Gängige Kombinationen sind Polyaethylen/Keramik , wobei es neuere Varianten von verbessertem Polyaethylen gibt, welche zwar teurer sind aber zu weniger Abrieb führen sollen oder Polyaethylen/Metall (ChromCobalt). Andere Kombinationen wie Metall/Metall, welche durch vermehrte Genauigkeit der Produktion den früher problematischen Metallabrieb praktisch nicht mehr aufweisen, sind aktuell trotzdem wieder etwas in den Hintergrund geraten. Es gibt auch moderne Keramik/Keramik-Kombinationen, wobei auch diese momentan wieder etwas in den Hintergrund geraten sind, da Keramik bei der Implantation brechen kann.

Für was man sich entscheidet sollte zusammen mit dem Operateur und seiner bevorzugten Varianten entschieden werden, wobei zusätzlich beeinflussende Faktoren bestehen, wie das Alter des Patienten, Co-Risikofaktoren wie Übergewicht, Stoffwechselerkrankungen (Gicht, Diabetes), zusätzlich rheumatische Miterkrankungen, sowie auch das Geschlecht und oft dadurch mitverursachte unterschiedliche Knochenqualitäten.

Es gehört dabei zur Information des Operateurs an den Patienten nebst der Information über allgemeine Operationsrisiken (Thromboemboliegefahr, Blutungsgefahr, Infektgefahr, Gefahren durch das Verfahren selbst, Risiko von Komplikationen nach dem Eingriff im frühen wie Langzeitverlauf) auch zu informieren welches Prothesenmodell auf welche Art implantiert werden soll mit welchen Spezifikationen und welchen Vor und Nachteilen.

Wichtig ist aber auch, dass Arzt und Patient sich im Vorgespräch die Zeit nehmen all diese Fragen zu klären, was zu einer grösseren Sicherheit für Patient und Arzt führt.

Es empfiehlt sich dabei als Patient immer, sich die Fragen zu notieren und sie eventuell sogar anlässlich eines gesonderten Termins in Ruhe mit seinem Arzt zu besprechen!

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